Account-based Marketing Teil 3 – Die strategische Ausrüstung

| 17. März 2020 | Sales & Marketing Strategy | Lesedauer: 7 Minuten

Die strategische Ausrüstung

Das fiktive Unternehmen Mooser setzt auf eine neue Marketingstrategie und startet eine ABM-Kampagne. Klar ist, welche Metrics und welche Wunsch-Accounts erreicht werden sollen. Der nächste Schritt ist die strategische Feinkonzeption: Wie wirken sich die Metrics auf die Zeitplanung aus? Und welche Vorgaben müssen unbedingt erfüllt werden?

Der zweite Workshoptag beim Maschinenbauunternehmen Mooser: Für die Planung ihrer Kampagne hat Mooser ihre Marketingagentur nach Salzburg für strategische Entscheidungen eingeladen. Am Tag wurde, gemeinsam mit Management und den internen Abteilungen Marketing und Sales, geklärt, wer und was erreicht werden soll:

  • Neun bestehende Kunden werden als Top-Accounts definiert.
  • Vier weitere Unternehmen werden als Wunsch-Accounts getargetet.
  • Innerhalb dieser Accounts werden zehn relevante Positionen bzw. Bereiche anvisiert.
  • Drei Kaufverträge mit Accounts sollen nach der Kampagne unterzeichnet werden.
  • Vom Erstkontakt bis zu dieser Unterzeichnung sollen im Schnitt 50 Tage vergehen.

...und all das bis zum Ende des nächsten Quartals.
Die ABM-Kampagne der Firma Mooser fußt auf dem neuen Produktsortiment aus Maschinen und Anlagen, das beworben werden soll. Diese Expansion im Vertrieb war Hauptgrund für die Entscheidung einer Account-based Marketing Strategie in Verbindung mit Inbound Marketing. Was ABM ausmacht und mit welchen Maßnahmen es umgesetzt wird, erfuhr Mooser bereits im ersten Teil der Serie

Digitales Marketing fühlt sich oft wie Bogenschießen an – bei Wind, Wetter und mit einer Stecknadel statt eines Pfeils. ABM legt dem Bogenschützen das richtige Equipment in die Hand: Damit keine Marketingmaßnahmen ins Nichts geschossen werden, aber Schlüsselkontakte zielsicher erreicht werden. 

In der heutigen Feinkonzeption geht es also darum, sich mit Pfeil und Bogen auszurüsten und die Flugbahn abzuschätzen: Wie kann auf die bestehende Marketingstrategie aufgebaut werden? Wie soll der Ablauf der Kampagne aussehen? Und: Welche technischen Vorgaben müssen eingehalten werden?

Die Grundausstattung: Daten, Daten, Daten

Was nun aber Pfeil und Bogen für die Bogenschützen sind, sind Daten für das Account-based Marketing. Diese machen den Grundstein für strategische Überlegungen aus: Sie geben einen Einblick in das Verhalten der Schlüsselkontakte, verraten, ob die Kampagne wirkt, wann Accounts den Status „Sales Qualified“ erreichen und mehr. Kommt ein Account im Zuge der Kampagne mit der Firma Mooser in Kontakt, werden Daten für unterschiedliche Zwecke erhoben:

  • Öffnungsrate, Klickrate und Heatmap bei Newslettern: Welche Kontakte zeigen Interesse an der Mail? Werden die weiterführenden Links geklickt? Welche Links werden besonders oft geklickt?
  • Visits auf der Website: Welche Seiten und Inhalte werden besonders oft abgefragt? Wie hoch ist die Verweildauer bei einzelnen Artikeln am Blog? Welche Kontakte laden welche Content Offer herunter? Wie erfolgreich ist der Content, der das neue Produktsortiment zum Thema hat? Und: Gelangen die Besucherinnen über soziale Medien, den Newsletter oder durch organische Suche auf den Blog?
  • Interaktionen: Wie viele Kontaktpunkte hat ein Schlüsselkontakt mit dem Angebot von Mooser auf allen Kanälen? Ist ein Kontakt leichter auf den sozialen Medien oder per Mail erreichbar? An welchen Inhalten ist ein Kontakt interessiert?
  • Conversions: Schlussendlich die alles entscheidende Interaktion, die eine Qualifizierung des Kontakts und in weiterer Folge eine Übergabe des „Leads“ an die Vertriebsmitarbeiter ermöglicht. 

Nur mit der Datenerhebung ist die Sache aber noch nicht getan. In der Datenauswertung, die, wie die Erhebung, laufend während der Kampagnendauer erfolgt, erfährt Mooser, ob die KPIs getroffen werden. Die fortwährende Erstellung von Reports sind dabei wichtig, um zu tracken, an welchem Punkt sich Accounts in der Customer Decision Journey befinden. Sind die Daten nicht vielversprechend, geben sie dennoch Auskunft darüber, dass Inhalte korrigiert und die Strategie überdacht werden müssen.

Über Daten kann man nicht sprechen, ohne auch über Datenschutz zu reden. DSGVO, Telekommunikationsgesetz und ePrivacy-Verordnung schützen uns alle als Privatpersonen, bringen aber auch Verständnisprobleme mit sich. Verordnungen scheinen oft nicht eindeutig oder zu kompliziert. 

Da die ABM Strategie von Mooser auf möglichst vielen Kontaktpunkten aufbaut und Daten zu Personen gesammelt werden, muss auch Moosers derzeitige Aufstellung in Sachen Datenschutz aufgefrischt werden. Die Interaktionen von einzelnen Schlüsselkontakten mit der Firma finden bei Newsletter- oder Webinar-Anmeldungen, Benutzerprofilen, Social Media und selbst beim Aufrufen der Firmenwebsite statt. Bei jeder Kontaktaufnahme muss  man ausdrücklich dem Erhalt von werbenden Materialien zustimmen. Außerdem: Jedes Mal, wenn Daten getrackt werden, müssen die Internetuser dem zustimmen. Das Wichtigste in Kurzfassung:

  • Newsletter: Verpflichtendes Opt-in, besser noch Double-Opt-in, um die Identität des Empfängers zu bestätigen.
  • Cookies: Cookie-Banner oder Pop-Up sind verpflichtend. Zudem müssen Cookies abwählbar sein und nach der Art der Datensammlung kategorisiert werden. 
  • Social Media: Firmen dürfen Privatpersonen nicht ohne deren Einverständnis kontaktieren. Eine Lösung wäre, dass Mitarbeitende sich von ihrem persönlichen Profil, wie LinkedIn, mit Schlüsselkontakten vernetzen.

Die Regulierungen zum Thema Datenschutz werden ständig erneuert. Dadurch sollte man laufend die Ohren für neue Vorschriften offen halten, zum Beispiel mithilfe der Checkliste der WKO. Die Daten, die Mooser entsprechend der Vorschriften sammelt, sind jedoch alle Mühe wert.

Ausblick auf den Zeitplan

Die Zeitplanung legt den Grundstein, auf den die folgende Content Strategie für die Kampagne und nicht zuletzt der Content Kalender aufbauen werden.
Die Kampagne wird mit Rücksicht auf eines der Pre-Sale Metrics geplant: Die Dauer zum Vertragsabschluss soll sich von 63 Tagen auf 50 Tage reduzieren.
Die Laufzeit der Kampagne wird dabei auf insgesamt zehn Wochen festgelegt. Wie sehr sich die Dauer zum Vertragsabschluss verkürzen konnte, wird sich gegen Ende der zehn Wochen zeigen (vgl. The Account-Based Marketing Cheat Sheet).

Auch der definitive Startzeitpunkt für die Kampagne steht: Der erste April des aktuellen Jahres. Dieses Datum beschreibt nicht nur den Start des kommenden Quartals für Mooser, sondern auch den Beginn für eine Saison, in der vermehrt Fachwissen ausgetauscht wird. Das Startdatum einer Kampagne sollte je nach Branche und Events sorgfältig gewählt werden. Die großen Sommerferien, wie auch die Winterzeit könnte für Mooser bedeuten, dass Schlüsselkontakte weniger leicht erreichbar sind. Aber mit einem Messestand bei einer europäischen Fachmesse vertreten zu sein, schafft für Mooser mehr Interaktionsmöglichkeiten mit Ziel-Accounts. Eine weitere Gelegenheit, Aufmerksamkeit für Moosers neues Produktsortiment zu schaffen und mit Know-how von Mitarbeitenden in einem persönlichen Rahmen zu punkten. 

Bis zum ersten April sind es noch zwei Monate, ein guter Zeitpunkt, um alle Vorbereitungen für eine ganz bestimmte Content Strategie zu treffen.

Inhalt vor Plattform bei der Content Auswahl

Innerhalb der Customer Decision Journey befinden sich nicht alle von Moosers Accounts in der gleichen Phase. Dennoch sollen mit dieser Kampagne sowohl wiederkehrende Kunden wie Unternehmen, die möglicherweise noch nie von Mooser gehört haben, abgeholt werden. An verschiedenen Punkten der Customer Decision Journey haben Accounts verschiedene Informationsbedürfnisse und verschiedene Schlüsselkontakte bevorzugen verschiedene Ansprachen. Eine Einheitslösung ist nicht der richtige Weg.

Wie die unterschiedlichsten Ziel-Accounts erreicht werden können? Mit Content, der relevant und individualisiert angepasst ist. Social Media Posts, Newsletter, Texte und Content Offer, die für Schlüsselkontakte gerade zum richtigen Moment und mit den richtigen Schlagwörtern ausgespielt werden. Ausschlaggebend ist der richtige Mix an Medien, die dennoch zu Plattform, Medium und Customer Decision Journey passen.

Nicht vergessen: Inhalt kommt vor Plattform und Format. Erst wird relevanter Content konzipiert und dann geht es an die Anpassung an Format und den Kanal, über den man die Wunsch-Accounts bzw. die relevanten Personen am Besten erreicht.

Checkliste herunterladen

Benötigt ein Zielkunde von Mooser etwa eine Anlage, die unter harten Umweltbedingungen bestehen muss, eignet sich eine Case Study von Moosers neuem Sortiment als Content Piece. Wie diese am besten dargestellt wird? Warum nicht auf Video festhalten, wie eine verbaute Anlage bei einem bestehenden Kunden aussieht und die Expertise hinter Moosers Anlagentechnologie über Mitarbeiterinterviews aufzeichnen? Das Format Video wird wiederum von sozialen Medien mit guten Reichweiten belohnt. Die Entscheidung würde in diesem Fall auf eine Case Study fallen, die in einem Videobeitrag auf LinkedIn geteilt wird.

Der ideale Kampagnenverlauf

Moosers Marketingagentur rät zur folgenden Herangehensweise: 
Der Content wird bereits vor Kampagnenstart für jede Phase der Kaufentscheidung konzipiert und produziert. Im Hinterkopf bleiben dabei der Wunsch-Account, der am ersten Workshop-Tag ausgearbeitet wurde, sowie die Schlüsselkontakte. Denn diese sollen auf jenen Kanälen angesprochen werden, die für sie relevant sind. Sei es eMail oder Social Media – der Kanal bestimmt wiederum, wie der Content auszusehen hat. Der Clou bei der Sache: Der gestaltete Content wird für jeden Account angepasst mit einer zielgerichteten Ansprache, die gesteigerte Interaktionsraten garantiert.

Bei Mooser am Konferenztisch wird gebrainstormt. Im Team aus der internen Marketing- und Sales-Abteilung, sowie der Geschäftsführung berät man sich unter den Vorschlägen der Marketingagentur: Wie sieht der ideale Kampagnenverlauf aus?

Woche 1: Erste Touchpoints des Schlüsselkontaktes mit Mooser – Auf LinkedIn findet eine Mitarbeiterin des potentiellen Kunden Thermo Fisher eine Werbeform von Mooser, die Inhaltsangebote bewirbt, sogenannte Sponsored Posts. Sie ist in der Forschungsabteilung beschäftigt und setzt sich ständig mit neuen technischen Lösungen für Maschinen und Anlagen auseinander. Interessiert gelangt sie über den Call-to-Action auf einen Artikel auf der Webseite. Sie klickt sich ein wenig durch den Blog der Webseite und trägt sich am Ende in den Newsletter von Mooser ein.

Wochen 2 – 3: Die Thermo Fisher Mitarbeiterin bekommt auf LinkedIn weiterhin Sponsored Posts angezeigt und sie beschließt, sich mit der Firmenwebseite zu vernetzen. Sie erhält nun wöchentlich eine eMail von Mooser und liest Artikel auf der Arbeit durch. Sie recherchiert mehr zum Unternehmen. „Das wäre ein guter Partner für uns“, denkt sie sich. In einem Meeting erwähnt sie Mooser und erfährt von zwei Kollegen, dass diese auch schon mit dem Maschinenbauunternehmen in Kontakt stehen.

Wochen 4 – 6: Mooser wird nun in der Firma als potenzieller Zulieferer diskutiert. Thermo Fisher hat sogar schon einen persönlichen Beratungstermin mit Mooser ausgemacht. Auf LinkedIn erhalten die Mitarbeiter nun weniger bezahlte Posts von Mooser. Vielmehr sind sie über privaten Profile des Mooser Sales Teams vernetzt und bekommen Case Studies und Content Offer zugeschickt.

Wochen 7 – 8: In der Thermo Fisher Zentrale sind die Mitarbeitenden überzeugt: Mooser erfüllt die Ansprüche an die Anlagen, die Thermo Fisher braucht. Mooser hat nun einen gefestigten Kontakt zu den Entscheidern im Unternehmen und Einsicht in deren spezifische Bedürfnisse. Der Vertrag wird abgeschlossen.

Der ideale Plan baut darauf auf, dass bereits einige Ressourcen an Content zur Verfügung stehen. Moosers Marketingagentur befragt die interne Marketingabteilung nach einer Bestandsaufnahme.

Schlüsselkontakte mit überarbeitetem Content anvisieren 

Das altbekannte Vertreter-Modell mit Verkaufsgesprächen in Büros und auf Tagungen verlagert sich immer mehr ins Digitale: 
Nachdem Cold-Calls in Relation gesehen sehr teuer sind und die Erfolgsaussichten auch eher mäßig, wird LinkedIn als Gateway zur Kontaktaufnahme eingesetzt. Und Kontakte verlangen nach regelmäßigen und interessanten Inhalten.

Zum Glück muss Mooser aber nicht bei Null starten. Moosers Firmenwebsite hat bereits einen Blog mit einer Content Strategie. Jedes Monat werden hier zwei Artikel gepostet, zusätzlich wird ein Newsletter mit Neuigkeiten aus der Branche und dem Unternehmen an Kunden verschickt. Im Archiv des Blogs fallen bereits einige Artikel auf, die für die ABM Kampagne genau richtig wären und nur noch einen Feinschliff benötigen. 

Im Falle von Thermo Fisher kann z. B. auf die Geschäftsbereiche des Konzerns eingegangen werden und Schlagwörter können bereits in die Titel der Content Pieces inkludiert werden. Die Mitarbeiterin aus dem Beispiel klickt lieber auf einen Beitrag, wenn klar ist, dass sich Mooser besonders um Kunden aus der Bioproduktion oder Biopharma Produktion bemüht.

Wie kann Mooser nun dieses bestehende Kapital an Informationen nutzen, um sie in eine zielgerichtete und individuelle Ansprache für ihre Kunden zu verwandeln? Denn die Informationsbedürfnisse der Bestandskunden, sowie der Unternehmen, die sich Mooser als Kunden wünscht, unterscheiden sich klar. Wie kann Mooser auf die Customer Journey ihrer Accounts eingehen und die Entscheidungen entsprechend positiv beeinflussen? Welche Prioritäten werden gesetzt?

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Moosers Marketingagentur hat noch ein paar Tricks in petto und sieht hier genügend Möglichkeiten, um relevanten Content in die ABM Kampagne zu integrieren. Fürs Erste ist der Workshop in Salzburg geschafft. Nach zwei Workshop-Tagen geht es für die Mitarbeitenden vom Unternehmen Mooser wieder zurück zum gewohnten Betrieb. Für die Marketingagentur hingegen beginnen die Vorbereitungen für das ABM Projekt: sie machen sich schon auf der Rückfahrt an erste Ideen zur inhaltlichen Umsetzung der Kampagne. Denn ausgerüstet mit Pfeil und Bogen, geht es nun darum, die Sehne zu spannen und die letzten Vorbereitungen vor Kampagnenstart zu treffen.