Track 6: 5 Tipps für den ultimativen Podcast

| 23. Juni 2020 | Content Management & Creation | Lesedauer: 6 Minuten

Podcast Serie Teil 6

In unserer Serie haben wir die technischen und inhaltlichen Facetten des Podcastens dargestellt. Und dabei herausgefunden dass es für ein gutes Audioformat weit mehr braucht als nur ein funktionierendes Mikrofon. Im letzten Teil statten wir den Podcast mit den letzten fehlenden Features aus: In Form von fünf Tipps, die jeden Podcaster aufhorchen lassen sollten.

Unser Alltag hat Begleitung bekommen. Begleitung, die es sich im Ohr bequem gemacht hat und Medien damit so nah wie selten zuvor an uns herangelassen haben. Podcast-Konsum ist für viele zur Routine geworden, wir konsumieren sie inzwischen so selbstverständlich wie Fernsehen und Radio. In unserer Serie wollten wir zeigen, dass die Präsenz des Podcasts zwar alltäglich, ihre Herstellung aber keineswegs profan ist. Vielmehr machen die Formatvielfalt, die flexible Abrufbarkeit auf verschiedensten Plattformen und die speziellen Produktionsbedingungen Podcasts zu einem vielseitigen Phänomen. Ein Phänomen, auf das keiner, der auf inhaltlich hochwertigen Content steht, verzichten kann. Hier folgen nun die finalen fünf Tipps, an denen keiner vorbeikommt.

1. Tipp: Serientäter leben länger

Podcasts haben über die letzten Jahre viel inhaltliche Dynamik entwickelt. Bei der Formatfrage hat sich, im Vergleich zu den Vorbildern TV und Radio, eine große Bandbreite an Darstellungsformen gebildet. So breit, dass man bei der Konzeption eines Podcasts im Grunde vor einer freien Wahl steht. Nur eine Grundfrage ist völlig unabhängig von kreativer Überlegung: die nach Serie und Konstanz

Denn hier liegt der Kern, in dem sich Podcasts von üblichen Audio-Inhalten unterscheiden. Denn der „Feed”, der jedem Podcast zugrunde liegt, impliziert einen konstanten Output an Inhalten, der sich an Regelmäßigkeit und Gewohnheit ausrichtet. Schließlich geht es beim Podcasten nicht nur um Aufruf- oder Downloadzahlen, sondern um Abonnements und regelmäßiger Zuhörerschaft. Serielles Denken muss deswegen bei allen Überlegungen zentral sein. Denn Plattformen wie Spotify und iTunes priorisieren durch ihre Algorithmen regelmäßig wiederkehrende Inhalte gegenüber unregelmäßigen. Besonders stark ist dies bei YouTube zu erkennen, wo Creator immer wieder über stark einbrechende Views nach Unterbrechung eines konstanten Upload-Zykluses klagen.

Unabhängig von Kreativität und Stärke eines Formats, ist die Konzeption nichtig, wenn sie nicht Woche für Woche oder in anderer Regelmäßigkeit zu meistern ist. Sei es durch zu hohen Aufwand, thematische Armut oder andere zeitliche Probleme: Schwächelt die Serie, springen Zuhörerinnen und -hörer ab und wechseln zur riesigen Konkurrenz. So wird Regelmäßigkeit zur Zutat Nummer Eins, um auf dem hart umkämpften Podcast-Markt zu überleben.

2. Tipp: Das Auge hört mit!

Der erste Kontakt mit einem Podcast erfolgt meistens nicht übers Gehör. Eine gute Audio-Gestaltung von Intro und Inhalt ist zwar enorm wichtig, der Erfolg eines Podcasts wird aber oft schon mit Bildbearbeitungs- statt Audioprogramm entschieden. Das Cover spielt eine große Rolle, ob das Publikum dem Inhalt überhaupt eine Chance gibt. Drei Beispiele, wie es gehen könnte…

Homecoming

Homecoming ist ein Fiction-Podcast, der die mysteriöse Geschichte eines Unternehmens beleuchtet, das amerikanischen Soldaten die Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglichen will. Die Auflösung sollte jeder selbst nachhören, doch Spannung und Mysterium sollten schon mit dem Cover geweckt sein: Eine Blätterwand deutet verborgene Machenschaften an, das unnatürliche, schummrige Farbschema weckt Unbehagen. Und auch der Produzent, Gimlet-Media, hat seinen Platz gefunden. Das Fiction-Format wird durch die Gestaltung angeteasert, die inhaltliche Richtung wird subtil, aber atmosphärisch vermittelt. Der Fokus liegt klar auf dem Inhalt und dem unerwarteten Format.

Fest&Flauschig

Der Erfolg des Laber-Podcast-Klassikers Fest&Flauschig basiert auf seinen Prominenten Jan Böhmermann und Oli Schulz. Und deswegen sind sie auch auf dem Cover das Zentrum der Aufmerksamkeit. Hier werden die Personen, nicht der Inhalt, als Hauptargument für die Hörerschaft angeführt. Das Format wird durch das Telefon als Talk-Format identifiziert, die lässige Pose der Beiden weist auf das ungezwungene „Laber-Format” hin. Das Titelbild ist eine logische Folge des inhaltlichen Ziels, Stichwort „Form follows function”. Das kleine Spotify-Logo oben links deutet Exklusivität an, tut dies allerdings nicht allzu prominent. 


Ganz schön krank, Leute

Der Podcast der DAK, einer deutschen Krankenkasse, möchte sich durch bunte Farbgestaltung absetzen. Das orange sticht unter anderen Farbschemata heraus, die Regenbogenfarben verstärken den Effekt nur. Der flapsige Titel, der noch dazu an die Gesundheitsthematik heranführt und die Emoji-Elemente weisen auf ein junges Zielpublikum hin. Aus dem, für junge Menschen oft drögen Krankenkassen-Marketing, ist ein anschlussfähiger, potentiell interessanter Medieninhalt entstanden.

 

 

Die drei Beispiele zeigen: Mit Titelbildgestaltung ist es gleichzeitig möglich sich abzuheben, sein Zielpublikum zu adressieren und Inhalte und Format anzuteasern. Wer diese Gelegenheit mit einem faden Werbebild verschenkt, verschenkt auch seinen Inhalt – so gut er auch sein mag.

3. Tipp: Erst lesen, dann hören! 

Auf einer Podcast-Plattform geht es ein bisschen zu wie in einem Buchladen. Erst einmal erscheint das Angebot riesig und unübersichtlich. Dann kann man sein Suchfeld durch die Auswahl des Genres eingrenzen und steht dann am Ende vor einem etwas kleineren Stapel. Nach der Inspektion des Bucheinbandes folgt im Buchladen das Überfliegen des Klappentextes, der informieren und Lust auf das Buch machen soll. Gefällt der er, ist es zum Kauf nur noch ein kurzer Schritt.

Ähnlich passiert es bei Podcasts, doch hier übernimmt die Beschreibung diese Rolle. Aufmerksam gemacht durch ein gutes Titelbild, ist dieser kurze Text die beste Chance, in Kürze über die angebotenen Inhalte zu informieren und Hörerinnen und Hörer gezielt anzusprechen. Inhalt, Ton und Ansprache können dabei so gewählt werden, dass Art und Zielgruppe des Podcasts schon klar werden, bevor das erste Wort überhaupt gesprochen wurde. Ein Beispiel dafür liefert die Spotify-Beschreibung des Podcasts Herrengedeck

HerrenGedeck

 

„Sie wohnen in Berlin. Sie machen was mit Medien. Sie sind Frauen. Drei gute Gründe, diesen Podcast nicht zu hören. Eigentlich. Aber: hier herrscht Verbot für Hippie-Blumenkränze und pinkes Glitzer, es wird nicht mit dem Fixie-Klapprad zur Arbeit gefahren und Pfeffi aus der Flasche getrunken (...)”

 

 

 

Die Podcast-Macherinnen Ariana Baborie und Laura Larsson richten eine ganz bestimmte Ansprache an ihre potentielle Hörerschaft. Die Beiden spielen mit dem Klischee des üblichen Laber-Podcasts, den meist männliche Angehörige der Medienlandschaft im hippen Berlin starten. Hier wird – mit selbstironischem Blick – ein neuer Zugang an ein altes Format versprochen. Die Beschreibung richtet sich dabei bewusst nicht an alle: Weniger medienaffine und ältere Menschen sind nicht die Zielgruppe. Die Referenzen können und sollen sie nicht verstehen, Herrengedeck richtet sich an eine junge und urbane Zielgruppe.

Ein anderes Beispiel liefert der Brand Podcast des Cyber Security Anbieters McAfee. Dieser beschreibt seinen Podcast Hackable? auf Spotify so: 

Hackable

„We see lots of movies and TV shows where hackers can infiltrate our lives with just a few keystrokes. But is it real? We’re here to find out. (...)”

 

Hackable? wählt eine deutlich breitere Ansprache. Die grundsätzlich komplexen Themen Cybersecurity und digitale Datensicherheit sind mit einer niedrigen Einstiegshürde verbunden, wie der Einstieg mit den Massenprodukten Film und Fernsehen zeigt. Es wäre ein Leichtes, dieses Thema als Nischenprodukt für Software-Entwicklerinnen und -entwickler anzugehen, stattdessen wird die potentielle Hörerschaft in dem Text beliebig groß. Noch dazu werden Format und Ziel der Show verraten. 

Die Frage ist nicht, welche der beiden Texte „besser” ist. Vielmehr reicht es, festzustellen, dass beide Beschreibungen perfekt die Zielsetzungen ihres Podcasts beschreiben. Herrengedeck möchte im Genre „Laber-Podcast“ mitmischen und den männlichen Mitstreitern mit Alleinstellungsmerkmal das Wasser abgraben, aber keine neuen Zielgruppen erschließen. Hackable? zielt als Content Marketing-Produkt auf neue Kundschaft ab und ist um eine breite Audience, gepaart mit inhaltlichem Mehrwert bemüht. Was ein Cover oft nur anreißt, bringt der Beschreibungstext im besten Falle zu Ende. 

4. Tipp: Social Media

Social Media ist aus keiner Veröffentlichungsstrategie mehr wegzudenken. Und auch bei Podcasts gilt es, alle möglichen Kanäle zu betrachten. Dazu zählen die eigene Website und die Möglichkeiten auf den verschiedenen Podcast-Plattformen – aber eben auch Twitter, Facebook, Instagram und LinkedIn. Alle Kanäle haben dabei ihre Eigenheiten, doch auf ihnen kann mehr passieren als nur ein kurzer Erinnerungs-Post für eine neue Folge. Die Einbindung von Zuhörerinnen und -hörern, sowie Einblicke hinter die Kulissen haben dort genauso Platz wie zusätzliche Inhalte oder Quellen, auf die im Podcast nicht eingegangen wurde. Ein gutes Beispiel dafür liefert der True-Crime-Podcast Mordlust. Dieser hat zwar keine eigene Website, informiert aber über Instagram regelmäßig über neue Folgen. Zusätzlich gibt es zusätzlichen Content zu den Kriminalfällen und ein paar atmosphärische Bilder der Produzenten. Auf einen Post, der die Community nach neuen Themen fragte, gab es knapp 700 Kommentare. 

Mordlust

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: Der Podcast Die Ratsherren stellte bei speziellen Folgen auch das Videomaterial der Aufnahme zur Verfügung und lud es auf YouTube. Grundsätzlich verbreitert die Streuung auf verschiedene Plattformen auch die Sichtbarkeit. Und Interaktion steigert wiederum die Involvierung des Publikums und somit die Verbundenheit zum Podcast. Geheimtipp: Die iTunes-Charts belohnen vor allem Kommentare und Sterne-Wertungen. Eine kleine Abkürzung, um einmal ganz oben zu stehen...

5. Tipp: Planung ist das halbe Erleben

Ein guter Podcast ist die Summe aus zahlreichen Einzelteilen. Podcasten, das ist gute Tontechnik, redaktionelle inhaltliche Arbeit, die serielle Planung eines Formats und eine gute Social Media Strategie. Wie stark die einzelnen Bestandteile dabei ausgeprägt sind, ist oft eine sehr individuelle Entscheidung. Doch eine Sache braucht es immer und ohne sie sind auch die oberen vier Tipps für den digitalen Papierkorb: Planung

Denn wie auch wir bei Content Glory festgestellt haben: Ohne gute Planung ist jeder gute Content wenig wert. Und für gute Planung gibt es beim Podcasten eine Menge Möglichkeiten. Diese Beispielfragen brauchen Beantwortung:

  • Welche inhaltliche Message möchte ich vermitteln? 
  • Und wie baue ich diese Vermittlung über eine Serie hinweg auf? 
  • Wie viele Folgen brauche ich dafür? 
  • Wie lang soll eine Podcast-Folge ungefähr sein? 
  • Brauche ich mehr als eine Staffel? Wie möchte ich auf anderes Content-Angebote oder Lead-Magneten hinweisen?
  • Auf welche Inhalte möchte ich wo und wie verweisen? Welche Ressourcen kann ich für die Produktion aufbringen? 
  • Und wie lang stehen mir diese zur Verfügung? Welche Plattformen verwende ich? 
  • Wie bewerbe ich meinen Podcast? 

Diesen Fragen könnte man ohne Probleme noch Dutzende hinzufügen. Doch der Knackpunkt ist: Alle diese Fragen müssen beantwortet sein, bevor das erste Mikrofon für die Aufnahme überhaupt in Stellung gebracht wird. Das kann eine lange Konzeptionsphase werden. Und natürlich darf die Planung nicht der Kreativität bei Aufnahme und inhaltlichem Konzept gegenüberstehen. 

Ready, set, go! 

In unserer Serie wollten wir uns dem Phänomen Podcast annähern. Das hatte auch seine Gründe:
Denn erstens hat es das Medium zwar längst in den Alltag geschafft und gehört für viele zum ganz normalen Medienmix. Und doch erhält der Podcast längst nicht die analytische Aufmerksamkeit, die er verdient hätte. Denn bei näherem Hinhören entdeckt man ein komplexes und vielschichtiges Medium, das Eigenheiten und Raffinesse in sich birgt. Denn wer sich nur wegen des Hypes hinter ein Mikrofon klemmt, wird wenig Erfolg haben und schnell aus der Puste sein. Nur mit einem besseren Verständnis von Podcasts ist es möglich, selbst gute Podcasts zu produzieren und die riesigen Möglichkeiten des Storytellings auszunutzen. 

Zweitens ist die Sache noch lange nicht durch. Während sich das Audioformat bei jungen Leuten schon durchgesetzt hat, wissen viele ältere Leute noch kaum um seine Existenz, wie in Teil 1 unserer Serie nachzulesen ist. Dabei ist die Einstiegshürde gering, die Nutzungsweise durchs Radio allseits bekannt. Setzt sich das Smartphone auch in der älteren Zielgruppe endgültig durch, gibt es noch einen riesigen Markt zu bespielen. Gleichzeitig drängen neue Anbieter auf den Markt. Auch hier wurde das letzte Wort noch nicht gesprochen. 

Die Zeit, in der man noch einen Podcast starten kann, ist längst noch nicht vorbei. Gerade weil bei Podcasts der Mut zur Nische belohnt wird, können auch Unternehmen diese Art der Kommunikation für sich entdecken. Eins ist klar: Content und Inbound Marketing haben mit Podcasts schon ihren perfekten Partner gefunden. Die Playlist des Alltags-Soundtracks ist noch längst nicht voll. Man muss sie nur noch bespielen.

Credit: ©Africa Studio/Adobe Stock