#01 | Patienten im Fokus der Unternehmenskommunikation

René Neubach und Dominik Flener beschäftigen sich in der ersten Ausgabe von R&D on patients mit dem Patienten im Fokus der Unternehmenskommunikation im Pharma- und Gesundheitsbereich.

Transkript

Intro: R&D on Patients, der Podcast mit René Neubach und Dominik Flener über digitales Marketing und Kommunikation im Healthcare Bereich mit dem Patienten im Fokus.

René Neubach: Hallo und herzlich willkommen bei R&D on Patients, mein Name ist René Neubach.

Dominik Flener: Und mein Name ist Dominik Flener.

René Neubach: In unserer heutigen Ausgabe beschäftigen wir uns mit dem Patienten im Fokus der Unternehmenskommunikation im Pharma- und Gesundheitsbereich.

Dominik Flener: Genau, dabei geht es nicht nur um Werbemaßnahmen, sondern wir möchten beleuchten, was allgemein getan wird, um eine Kommunikation zwischen Unternehmen, Gesundheitsdienstleistern und Patienten herzustellen.

René Neubach: Wir schauen uns an, was der rechtliche Rahmen dafür ist, welche Arten der Kommunikation es gibt und wie man an die Sache herangeht.

Dominik Flener: Ja, welche Bestandteile es gibt und auch ein bisschen was die Zielsetzung und der Benefit ist, der sich ja vielleicht auf den ersten Blick nicht direkt in Euros umrechnen lässt, aber man hier einfach neue Metriken finden muss, um das entsprechend beurteilen zu können.

René Neubach: Gut, die erste Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Warum ist es denn eigentlich so, dass der Patient eigentlich immer weiter in den Fokus der Kommunikation rückt? Das hat mehrere Gründe. Der eine ist: Die Unternehmenskommunikation, vor allem in Richtung Ärzte mit Produktinformationen, scheint weniger Erfolg zu tragen.

Dominik Flener: Ja und wir sehen auch im zweiten Schritt, wie es ein Arzt mir gegenüber einmal formuliert hat: das Schlimmste, das ihm passieren kann, ist der Patient mit Internetzugang. Weil wir einfach sehen, wir haben den informierten Patienten, an dem führt kein Weg mehr herum und dann die Gratwanderung, also es gibt auch Dr. Google, der auch Halbwahrheiten hat und wie kann man hier Patienten mit akkurater Information versorgen und eine objektive Information sicherstellen?

René Neubach: Schlussendlich geht es auch darum, dass viele Pharmaunternehmen natürlich nach einer Vergrößerung des Marktes trachten. Das heißt, neue Patienten identifizieren und finden müssen und somit eigentlich auch erst die Aufmerksamkeit auf bestimmte Indikationen, aber auch Therapiemöglichkeiten lenken können.

Dominik Flener: Und was wir als letzten Punkt auch noch sehen, ist, dass sich natürlich die zeitlichen Verfügbarkeiten von Ärzten verschoben haben. Sei das jetzt das Arbeitszeitrecht von Ärzten in Spitälern, aber natürlich auch im niedergelassenen Bereich, wo Ärzte aufgrund von Systemthemen immer weniger Zeit haben. Ich glaube, das wollen wir hier jetzt gar nicht kritisch oder positiv beleuchten, sondern das ist einfach ein Faktum. Die Ärzte haben weniger Zeit und jetzt geht es darum, den Patienten trotzdem mit relevanten Informationen rund um seine Therapie, um seine Therapieoptionen zu informieren.

René Neubach: Und was man vielleicht auch noch in diesem Aspekt berücksichtigen kann, ist auch durch die alternde Gesellschaft bedingt, dass viele Angehörige von Patienten auch nach den Informationen suchen, um sich dann selber ein besseres Bild zu machen, um ihre Angehörigen besser zu betreuen. Und somit ist auch die Art der Kommunikation, online all diese Informationen zur Verfügung zu haben, natürlich eine viel Wichtigere als sie es zuvor war.

Dominik Flener: Und wir einfach mittlerweile einen ganz niederschwelligen Zugang zu Informationen haben können. Und das ist vielleicht auch noch einmal der Punkt, wo wir ganz klar den rechtlichen Rahmen vorwegschicken wollen, wo es bei unserer Betrachtung nicht um klassische Produktwerbung geht, die Pharmaunternehmen hier aussteuern, weil hier vollkommen klar sein muss, sobald es sich um ein rezeptpflichtiges Produkt handelt, ist Produktwerbung nicht erlaubt. Das heißt, das würde nur für rezeptfreie Produkte gehen, aber darum geht es nicht. Es geht für uns um das Thema Kommunikation rund um Therapiemöglichkeiten, Indikationsmöglichkeiten, Krankheitsbilder und vielleicht noch zu Unternehmen selbst. Aber eigentlich, dass es nicht um Produktwerbung im eigentlichen Sinn geht.

René Neubach: Was natürlich auch viel größere Möglichkeiten der Kommunikation zulässt. Da man in der Kommunikation im Pharmabereich immer sehr stark eingeschränkt ist, kann man sich auf sehr wenige Kanäle, Möglichkeiten, aber auch Botschaften beschränken. So steht einem natürlich durch diesen Zugang auch ein bisschen weiter offen, viel breiter zu kommunizieren, mehr zu kommunizieren, mehr Aufmerksamkeit zu generieren, was uns dann schlussendlich auch zu den Benefits bringen wird, die diese Art der Kommunikation auch mit sich bringt.

Dominik Flener: Und ich glaube, da ist auch eine Verschiebung in der ganzen Kommunikationslandschaft, die wir in den letzten Jahren gesehen haben, dass früher dieses Bild: „Ich darf ja eh nicht, weil ich versteckte regulatorische und rechtliche Rahmenbedingungen habe“ war und dass ich jetzt einfach darüber nachdenken kann, welche Kanäle sind möglich? Welche Informationen sind möglich? Und da ganz viele Optionen für die Pharmaunternehmen und auch die anderen Gesundheitsdienstleister aufgegangen sind.

René Neubach: Ja und vielleicht springen wir dann gleich einmal hinein. Welche Arten der Unternehmenskommunikation gibt es denn eigentlich, wenn es um Patienteninformationen geht? Da gibt es einmal die ganz klassische Disease-Awareness-Kampagne. Das bedeutet mehr oder weniger, ich kann über Krankheitsbilder, Indikationen aufklären, die vielleicht noch nicht so breit in der öffentlichen Wahrnehmung verankert sind. Beispielsweise auch sehr wichtig für Firmen, die im Rare Diseases Bereich arbeiten, wo man natürlich eine große Patienten-Dunkelziffer hat, wo es darum geht, über Diagnosemethoden aufzuklären, dass Patienten selber einfordern können, diagnostiziert zu werden. Das mag den Ärzten momentan natürlich noch nicht so gut gefallen. Ist auch sehr schwierig in der Kommunikation. Ist aber tatsächlich der Fall, wenn man sich anschaut: Woher beziehen Patienten denn ihre Informationen? Vorrangig aus Wikipedia, wie wir wissen. Und da ist es natürlich nicht schlecht, wenn man auch als Experte in dem Gebiet, also im Gesundheitsbereich als Pharmafirma da doch sehr seriöse, wissenschaftlich fundierte Informationen aufbereiten kann, mit denen die Patienten dann zum Arzt gehen können, um eine Diagnose zu erhalten.

Dominik Flener: Weil, ich glaube, da können wir uns sicher einig sein bei dem Punkt, die Information ist irgendwie da. Also wenn ich jetzt das Krankheitsbild X habe, dann werde ich im Internet irgendetwas dazu finden. Aber mit der großen Problematik, ich weiß nie, ist das jetzt akkurat? Ist das korrekt? Ist das geprüft, etc.? Und hier ist aus unserer Erfahrung heraus der Anspruch der Pharmaindustrie in Österreich doch der zu sagen: „Wir möchten akkurate, hoch qualitative Informationen bereitstellen“ und ich somit dem Patienten eine zusätzliche Quelle dazugeben kann. Und dann glaube ich, kann man ganz simpel sagen, ist das einfach ein Verdrängungswettbewerb der Information. Und da kann man dann nur darauf hoffen, dass die akkurate Information die nicht-akkurate Information verdrängt.

René Neubach: Und wenn man sich dann anschaut: Wenn man einmal den Patienten identifiziert hat, zum Arzt gebracht hat, der Patient diagnostiziert wurde also nehmen wir das einmal als den optimalen Verlauf dieser Kommunikation an dann geht es natürlich auch darum, zu sagen, welche Behandlungsarten und -möglichkeiten bzw. -methoden stehen mir als Patient eigentlich zur Verfügung? Muss ja nicht unbedingt richtig sein, was der Arzt mir als die erste Behandlungsmöglichkeit vorschlägt. Wir wissen natürlich auch, dass die Zeit beim Arzt immer kürzer wird. Die Patienten haben wenn sie eine gute Praxis haben aufgrund der großen Anzahl an Patienten, sehr wenig Zeit, sich über Alternativen zu informieren. Und hier gibt es natürlich schon die Möglichkeit, in einer objektiven Darstellung zu sagen, welche Behandlungsarten und -methoden habe ich denn eigentlich als Patient heutzutage zur Verfügung?

Dominik Flener: Und es gibt auch noch einen ganz wichtigen Punkt, den man nicht vergessen darf: Jetzt gehe ich zu meinem Arzt, habe bei einem Allgemeinmediziner durchschnittlich ein paar Minuten Zeit, dass der mich berät und dann gehe ich vor die Arzt-Tore und dann bin ich wieder alleine gelassen. Und dass es hier darum geht, sich auch Konzepte zu überlegen, um den Patienten ein wenig an der Hand zu nehmen, ihn in seinen komplexen Therapieanforderungen dementsprechend zu begleiten. Und das kann natürlich auch die Möglichkeit sein, hier mit Portalen und bestimmten Begleitprogrammen, die Compliance und die Adherence der Patienten dementsprechend hoch zu halten.

René Neubach: Was uns natürlich auch auf die nächste Art der Patientenkommunikation bringt – nämlich alles, was Richtung Patientendokumentation, Eigenmotivation, Patient-Diaries zum Beispiel geht. Weil man wirklich bei vielen Indikationen heutzutage, denken wir an Diabetes nur als prominentes Beispiel alleine mit der Medikation ja nicht mehr das Auslangen findet, um weiterhin ein gesundes Leben in einem gewissen Rahmen führen zu können.

Dominik Flener: Und hier die Patienten einfach eine Begleitung bzw. eine Guideline brauchen zum Thema, was ist wann zu tun? Vielleicht einen kleinen Reminder brauchen, um da einen gewissen Effekt bei der Therapie zu haben. Und dann denke ich mir, wissen wir jetzt schon einmal grob umrissen, welche Möglichkeiten wir hier haben und dann geht es jetzt glaube ich um die Frage, wie geht man es jetzt eigentlich an? Wie könnte ich mit einem solchen Programm starten? René wie siehst du das?

René Neubach: Naja, beginnen wir mal mit dem Status Quo, wie heutzutage Initiativen sehr stark beginnen in der Kommunikation. Ich selber komme ja eher aus dem digitalen Bereich und hier ist der Klassiker, dass man sehr oft klar mit taktischen Wünschen, mit Kanalwünschen konfrontiert wird. Also ob es jetzt ist: „Ich brauche eine Website für eine Disease Awareness Initiative“ oder „Ich brauche ein Facebook-Page!“ oder was auch immer. Die Wünsche sind – da muss man dann doch wieder drei Schritte zurückgehen. Weil nicht umsonst sagen wir: „Der Patient steht im Fokus.“ Wenn man sich die Initiativen ansieht, ist sehr oft die Annahme dessen, was man denkt, was der Patient denn wirklich braucht, vordergründig für die Inhalte verantwortlich. Und das sollte natürlich ein bisschen anders funktionieren. Sprich, man sollte sich einmal wirklich Gedanken machen, wer denn wirklich die Zielgruppe ist, im Detail. Das wäre der erste Schritt. Wenn ich sage „im Detail” meine ich wirklich dadurch, dass nicht alle Patienten gleich sind.  Das kann unterschieden sein durch Demographien, Schweregrad der Krankheit, Lebensumstände rundherum, was auch immer es ist. Ich habe unterschiedliche Bedürfnisse an Informationen. Nicht zu vergessen, ich habe es schon erwähnt, auch die Angehörigen als eigene Zielgruppe immer in die Überlegungen einzubinden. Und dann geht es wirklich darum, eine Informationsbedarfsanalyse zu erstellen. Das kann funktionieren über Market-Research, das kann funktionieren über Gespräche mit den Ärzten. Ganz wichtig, auch die Ärzte, glaube ich, kann man da sehr gut einbinden, auch mit Hilfe des Außendienstes. Darüber werden wir dann auch noch einmal sprechen. Aber vor allem, womit wir sehr gute Erfahrungen gemacht haben, ist wirklich mit Fokusgruppen zu arbeiten. Wirklich die Bedürfnisse der Patienten herauszufinden, indem sie einfach selber darüber sprechen – ohne sehr stark in eine gewisse Richtung zu gehen, was sehr oft der Nachteil an der Marktforschung ist.

Dominik Flener: Und ich glaube, von dem abgeleitet, sehen wir dann immer, dass hier ein sehr diffuses System oder ein sehr vielfältiges Bild entstehen kann, das es jetzt gilt, im nächsten Schritt herunterzubrechen und zu sagen: „Welche Zielgruppen möchte ich effektiv erreichen?“

René Neubach: Und welche kann ich auch erreichen? Entschuldigung.

Dominik Flener: Ja, so etwas ist auch relevant, und dann auch ein bisschen so, welche Zielgruppe bringt mir Glanz und Glorie und welche Zielgruppe ist vielleicht jetzt in dem Schritt sehr spezifisch? Eine Zielgruppe, die gerne ausgelassen wird, du hast es vorher schon gesagt, ist die Zielgruppe der Angehörigen. Also nach dem Motto, man fokussiert sich sehr stark auf den Patienten, fokussiert sich aber eigentlich nicht auf die, die rundherum davon betroffen sind, aber in vielen Fällen natürlich auch was den Informationsbedarf betrifft und auch in einen gewissen neutraleren Zugang zu einem Krankheitsthema kommen, besser funktioniert.

Ja und dann kommen wir eigentlich zum 2. Schritt, zu sagen, okay, was brauchen die jetzt für Infos? Jetzt habe ich die Zielgruppe definiert und jetzt geht es darum, zu definieren, was brauchen die eigentlich in weiterer Folge dann an einzelnen Informationen. Und das ist natürlich auch wiederum ganz vielfältig, weil da geht es natürlich auch um die Frage (nicht im ersten Schritt), brauchen die jetzt eine Website? Sondern was brauchen die eigentlich inhaltsmäßig an Information? Womit können die arbeiten? Welchen Detaillierungsgrad? Und hier haben wir natürlich auch unterschiedliche Persönlichkeitsprofile bei den Rezipienten, weil die einen sagen: „Ich brauche ganz viel und möglichst alles“ und die anderen sagen: „Ich brauche 5 Bulletpoints.“

René Neubach: Und dann ist es natürlich also, wenn diese Themendefinitionen in dieser Phase drinnen sind, ist es auch sehr wichtig, auch ganz klar abzugrenzen, wo habe ich denn als Firma meine Expertise, die man mir überhaupt abnimmt. Also im Fokus sollte immer stehen: Was braucht denn meine Zielgruppe für Information, die für sie jetzt relevant ist? Auf der anderen Seite kann ich aber auch nicht über alles sprechen. Also ich kann jetzt nicht als Pharmafirma ein Beautymagazin sein. Das wird mir keiner abnehmen. Mag sein, dass ich mich da täusche, vielleicht kann man sich so professionelle Hilfe an Bord holen, dass das dann funktioniert. Aber eigentlich ist das ja nicht der Hauptfokus der Pharmafirma in unserem Beispiel. Das heißt, ich muss auch wirklich schauen, wo habe ich meine Expertise, was nimmt man mir ab in der Kommunikation und wie kann ich tatsächlich Mehrwert erreichen für meine Zielgruppe, mein Publikum. Das hilft auch sehr gut bei solchen Initiativen, eher an ein Publikum zu denken und nicht an eine Zielgruppe. Weil in Wirklichkeit ist es ja auch so, weil dem Patienten verkaufe ich ja, außer in einem OTC-Setting natürlich, nichts direkt. Und da eben zu schauen, wo ist dieser Sweet-Spot zwischen dem, was meinen Kunden oder den Patienten interessiert, und dem was ich eigentlich kommunizieren kann?

Dominik Flener: Und da geht’s auch im ersten Schritt einmal um die Aufbereitung von Information und dann kommt, genau, im nächsten Schritt dann diese Gratwanderung zwischen Aufklärung, Entertainment und doch auch in einer gewissen Form auch Gusto machen, dass sich die Leute auch mit dem Inhalt beschäftigen. Weil das ist ja oft die Herausforderung, die man hat, zu sagen, das ist zwar inhaltlich korrekt aber todlangweilig. Und daher auch das ThemRené Neubach: Na gut, wenn es dann keiner liest, wenn es keine Usability hat für den dementsprechenden Endkonsumenten, abgesehen ob Patient oder Angehöriger, bringt das Ganze natürlich auch sehr wenig.

René Neubach: Das ist natürlich ein sehr wichtiger Punkt, den du aufbringst Dominik. Weil wenn ich nicht die Aufmerksamkeit meines Publikums erreiche, dann kann ich ihnen auch keine Informationen zukommen lassen. Walt Disney hat einmal gesagt: First you have to entertain them before you can educate them.” Und das trifft es natürlich sehr gut. Weil wenn ich die Aufmerksamkeit nicht habe, dann komme ich einfach nicht dazu, den Patienten aufzuklären, neue Informationen zukommen zu lassen, zu schulen. Speziell wenn wir daran denken, dass solche Initiativen vielleicht auch die Lebensumstände insofern beeinflussen sollen, als dass sie sich vielleicht mehr bewegen, anders essen, einfach auch ihr Leben ein bisschen ändern, um langfristig einen Gesundheitszustand zu erzielen, der wünschenswert ist.

Dominik Flener: Und das ist auch der Anspruch, der sich in den letzten Jahren bei diesen Patientenbegleitprogrammen – formulieren wir es einfach einmal so – gezeigt hat. Zu sagen, es geht nicht mehr darum, ein marketingtechnisches Feigenblatt zu machen, zu sagen: „Na gut, wir haben halt ein Patientenportal gemacht und das haben wir aufgemacht, ist auch wurscht“, sondern dass es wirklich darum geht, den Patienten den Mehrwert zu liefern, dass sie wirklich begleitet sind, dass sie hier etwas machen können.

René Neubach: So, wenn diese Themen dann einmal definiert sind, dann geht es natürlich darum, diese ganze Geschichte zu implementieren. Ich glaube, wir wollen da jetzt nicht zu sehr auf eine technisch richtige Implementierung von solchen Initiativen eingehen. Aber es sollen natürlich schon die richtigen Dinge zuerst begonnen werden. Zu den Bestandteilen kommen wir gleich noch. Aber ich glaube, ein sehr wichtiger Faktor ist hier auch, egal welche Arten der Initiativen ich baue, ich muss von Anfang an einplanen, dass ich sie anständig bewerbe. Mit welchen Mitteln das auch immer passiert, ob das Suchmaschinenoptimierung ist, ob das gekaufte Anzeigen sind, ob das jetzt Google-Ads oder Facebook-Ads sind, so eine organische Social Kampagne auf Facebook, was auch immer das ist. Oder mit Hilfe des Außendienstes beim Arzt das Ganze zu bewerben. Ich glaube, das schauen wir uns auch noch einmal im Detail an – da muss ich das natürlich von Anfang an mitberücksichtigen, weil nur, weil ich etwas baue, werden die Leute nicht kommen, um es zu besuchen.

Dominik Flener: Ja, da gebe ich dir 100% Recht. Da gibt es jetzt nichts zu ergänzen. Der wichtige Weg ist nur, dass ich mir überlege, ich schaue immer, wie kann ich es aussteuern? Wie kann ich es auf unterschiedlichen Kanälen aussteuern? Und auch hier wieder meine Frage, wer war eigentlich meine Zielgruppe zu Beginn? Kommen wir zu einfachen Themen, wie weit kann ich diese Kanäle bedienen? Die Thematik- habe ich ältere Personen? Wie weit sind da die Social Media Kanäle relevant? Funktioniert das mit der Zielgruppe? Um ein einfaches Beispiel zu nennen. Das heißt, diese Analyse auch am Anfang, auch die Zielgruppendefinition ist ganz, ganz wichtig, weil ich mir sonst danach schwer tue, auch die richtigen Kanäle zur Aussteuerung der ganzen Kampagne zu definieren.

René Neubach: Das ist ja sehr wichtig, dass man auch den Anspruch hat, die Initiativen weiterzuentwickeln. Also es soll nicht so sein, gerade im digitalen Bereich, das ist ja kein Printfolder, den ich einmal drucke und dann verteile und das war es dann. Sondern es geht wirklich darum, hier habe ich ja die Möglichkeit, wirklich langfristig weiterzuentwickeln. Und so, wie du es richtig auch angedeutet hast, man muss natürlich am Anfang seine Ziele auch klar definieren. Ich muss die Zielgruppe kennen, um die Ziele zu definieren, die ich dann auch weiter verfolge. Und das braucht natürlich ein gewisses Commitment, das eigentlich auch relativ langfristig da sein sollte. Es ist schon passiert, dass man einfach Initiativen startet, die gewünschten Ergebnisse, was auch immer die dann waren, nicht erzielt wurden und dann lässt man es einfach, weil man glaubt, das funktioniert nicht. Weil man einfach nicht diesen, langer Atem ist vielleicht sogar schon ein bisschen zu viel gesagt, aber einfach den Willen hat etwas weiterzuentwickeln.

Dominik Flener: Und das bringt uns zu dem wichtigen Thema, auch von Anfang an sich einfach Metriken zu überlegen, wie möchte ich das nachher messen? Und die Metrik, glaube ich, muss man ganz klar am Anfang vorwegschicken, rein der Umsatz kann es nicht sein. Sondern es kann das Thema sein, nämlich etwas von meinen Patienten lernen, ich möchte die eigene Lernkurve in die Höhe bringen, ich möchte hier etwas bewirken etc. Also das muss man sich von Anfang an überlegen und dann noch schauen, was sind meine Stellschrauben, um dieses Produkt auch weiterzuentwickeln. Und mit Produkt meine ich jetzt nicht das medizinische Produkt, sondern das Produkt des Patientenbegleitprogrammes z.B. der Plattform, etc., dass das ganz klar definiert ist.

René Neubach: Gut. Dominik, schauen wir uns doch einmal die Bestandteile so einer Kampagne an. Wenn wir jetzt eine Patienteninformationskampagne – nennen wir es einmal so – starten. Für mich beginnt so eine Kampagne mit einem zentralen Element und das muss einfach eine Website sein, also wir sprechen da jetzt sehr stark über digitale Initiativen. Es muss eine Website sein, aus dem ganz einfachen Grund, weil die Firma, also ich nehme jetzt einmal mich als Firma, ich muss der Eigentümer meiner Information sein, ich muss den Kanal einfach besitzen. Wenn ich meinen Inhalt z.B. nur auf Fremdportalen von Dienstleistern, auf Social-Media Kanälen leben lasse, dann bin ich immer abhängig von diesen Kanälen. Welche Algorithmen, das ist vielleicht ein sehr gutes Beispiel, wie oft Facebook seinen Algorithmus ändert, wie viel Sichtbarkeit meine Beiträge haben. Vielleicht auch mit Kosten verbunden, wenn es um irgendwelche Drittanbieter geht. Aber wenn ich eine eigene Website starte, dann bin ich immer der Herr oder die Frau über meine Inhalte und kann selber darüber bestimmen. Und deswegen ist das für mich ein sehr zentrales Element in jeder Kampagne.

Dominik Flener: Ja ich habe auch den Riesenvorteil, dass das natürlich ein Element ist, das 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr verfügbar ist. Das heißt, wenn wir über Accessibility sprechen, dann habe ich einfach das zentrale Element. Das kann mir keiner abdrehen. Da habe ich keine Landeslimitierung oder sonst irgendetwas. Das heißt, da kann ich einfach einmal drauf sein. Und ich sehe auch immer in vielen Fällen, so okay, was ist – wie du sagst – die Homebase der ganzen Aktivität? Und dann geht es, glaube ich, im nächsten Schritt um den einfachen Punkt zu sagen, welche Channels können dazu kommen, die aber keine Stand-Alone-Lösungen sind, aus meiner Sicht, sondern immer Connected-Channels sind. Da haben wir ja viel über Begrifflichkeiten in der Vergangenheit gehört, da gibt es Multi-Channel, und Omni-Channel und Cross-Channel und diese ganzen Geschichten. Das ist alles schön, das kann man jetzt alles definieren und da können wir uns jetzt, glaube ich, drei Podcasts lang einfach über die Definition dieser Begriffe unterhalten. Aber wichtig ist, dass jeder Kanal, der dazukommt, eine Verbindung herstellt und mir hilft, dass ich hier sozusagen ein komplettes Netz aufspanne. Das was nicht passieren darf ist, was wir in der Vergangenheit teilweise erlebt haben, der Außendienst ist draußen und sagt: „Ja, ich weiß nicht die im Innendienst, die im Marketing, die haben irgend so eine E-Mail ausgeschickt, ich weiß auch nicht was das ist. Aber ich habe eh noch meinen Folder mit“. Das darf eigentlich deutlich nicht passieren. Sondern ich muss hier wirklich eine Verbindung herstellen. Der Außendienstmitarbeiter muss wissen, was steht hier auf der Plattform? Was ist hier an weiteren Kanälen geplant? Und er muss aber auch verstehen, was ist z.B. sein Beitrag zu diesem Gesamtwerk?

René Neubach: Und ich glaube, was du auch gesagt hast, über Multi-Channel, Omni-Channel du kennst einmal einen Zugang. Der ist relativ pragmatisch. Ich glaube, dass es einfach nicht wichtig ist, was der Begriff dafür ist. Ich glaube, wichtig ist, dort präsent zu sein, wo meine Zielgruppe die Informationen sucht. Und das geht halt leider heutzutage, das ist die traurige Wahrheit, nicht mehr mit einzelnen Kanälen. Weil es einfach zu viele Kanäle gibt. Wenn wir an Patientenkommunikation denken, wird man wahrscheinlich um einen Facebook-Kanal früher oder später nicht mehr umher kommen. Wenn es um professionelle Information geht, wird es wohl später einmal andere Kanäle geben müssen. Also ich denke da beispielsweise an LinkedIn, wo man selber zum Beispiel über Fachorganisationen mit Fachorganisationen kommunizieren kann, weil man diese dort sehr gut identifizieren kann. Wie dem auch sei, ich glaube, die Kernaussage ist hier, wirklich zu schauen, wie bringe ich eine breite Streuung zustande, wo ich zielgruppenspezifisch bewerben kann. Und da geht es nicht nur um Bewerbung mit Hilfe von Geld, sondern auch organisch. Und ich glaube, ein ganz wichtiger Bestandteil, den man wirklich nicht außer Acht lassen sollte, ist wirklich das Organische, die organische Suchmaschinenoptimierung von Inhalten. Weil das ist der Traffic, also der Verkehr auf meiner Website, der eigentlich wirklich von qualitativ höchstem Range ist, den es zu erstreben gilt. Weil dann finden mich nämlich wirklich nur die Leute, für die die Inhalte auch relevant sind, die ich eigentlich publiziert habe. Wenn ich sie natürlich von Anfang an so konzipiert habe, dass Sie für diese Zielgruppe stimmen. Aber das ist für mich das Allererste, was zu tun ist. Und wahrscheinlich auch das, wo auch am meisten Aufmerksamkeit liegen sollte. Bevor ich darüber nachdenke, mal Quick-Wins auf irgendwelchen anderen Third-Party-Platforms oder über Suchmaschinen, bezahlte Suchmaschinenanzeigen zu gehen.

Dominik Flener: Und wichtig ist auch, dieser Versuchung zu widerstehen, 17 Kanäle aufzumachen, weil es ja auch so easy geht. Ich mache jetzt einen Facebook-Kanal. Habe ich ja geschwind aufgemacht. Gehe auf facebook.com, lege einen User an und bin eigentlich im Portal drinnen. Und das ist ein wichtiger Punkt, zu sagen: „Mach lieber weniger Kanäle und die dafür ordentlich!“ Nämlich ordentlich in der Form, dass ich auch eine gewisse Zeit einfach auf dem Kanal draufbleiben kann. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder gesehen, ein Anfangsbudget ist da, um den Kanal aufzusetzen. Und 3 Monate später sagt dann die Firma so: „Puh, ich habe kein Geld mehr, wir sind out of money“ und damit habe ich dann eigentlich keine Möglichkeit in weiterer Folge, das weiter zu betreuen und damit auch Dinge zu sehen, Dinge weiterzuentwickeln. Also lieber 3 Kanäle und die ordentlich, als 7 Kanäle und die so halbherzig.

René Neubach: Was natürlich auch einhergeht, also ich glaube, wir gehen jetzt einmal davon aus, dass jede Initiative doch ein anständiges Konzept haben sollte. Aber wir  kommen wieder zurück zur Langfristigkeit. Das Ganze muss natürlich auch schon einen gewissen Kostenrahmen widerspiegeln können, wenn ich in so ein Konzept hineingehe, damit ich dann – und jetzt kommen wir direkt in den nächsten Punkt hinein – wenn ich mir monatlich, zumindest monatlich die Resultate anschaue meiner Initiativen und wieder weiterplane die nächsten 3 Monate, muss ich ja eigentlich schon die Evidenz der letzten Monate, oder des letzten Monats hernehmen, um zu sagen: „Bin ich jetzt on track in Richtung meiner Zielsetzung? Oder muss ich Stellschrauben drehen, damit ich dorthin komme?“ Und das hilft natürlich, wenn man da am Anfang des Projektes schon ein gewisses Backing hat. Das heißt, wir kommen direkt dazu hinein, was sind denn jetzt eigentlich so die Zielsetzungen, die solche Patienteninformationen erhalten können? Und natürlich, weil der Patient profitiert natürlich augenscheinlich davon, dass er diese ganzen Informationen bekommt. Aber das bedeutet jetzt, warum soll ich als Unternehmen eigentlich investieren in solche Initiativen? Ich glaube, das ist die zentrale Frage, die wir uns jetzt noch anschauen müssen.

Dominik Flener: Und da gibt es natürlich eine ganz eine wichtige Frage, weil diese Initiativen natürlich auch mit einem erheblichen finanziellen Aufwand in vielen Fällen verbunden sind. Und dort sehen wir eines ganz klar. Den direkten umgerechneten Euro werde ich auf den ersten Blick schwierig haben. Also ich werde jetzt nicht sagen, ich launche ein Patientenportal und mein Umsatz des Produktes geht 5 Minuten später 25% in die Höhe. Also diesen ganz direkten Konnex wird es schwierig geben. Sondern ich muss mir einfach überlegen, was will ich erreichen? Und da kann es ja auch sein, dass ich z.B. bestehende Patienten für mein Produkt, für meine Indikation, dass ich die z.B. jetzt eine Zeit lang besser bei der Stange halte, dass ich die informieren kann. Oder zum Beispiel, dass sich Ärzte, die mit meinem Produkt bisher gearbeitet haben, jetzt mit dem Produkt insofern lieber arbeiten, weil sie wissen, dass die Patienten danach im Rahmen eines Begleitprogrammes zum Beispiel auch aufgefangen und weiter begleitet werden. Also hier geht es in Fällen eigentlich um stark qualitative Kriterien, die – und da glaube ich muss man einfach einen gewissen Grundglauben haben – in weiterer Folge auch eine quantitative Auswirkung haben werden und mir damit den Euro irgendwo in einem Cashback dann, oder einem Return-Investment, widmen. Aber der erste Blick ist in vielen Fällen bei diesen Programmen ein qualitativer Blick, zu sagen: „Hier verbessere ich meine Leistung und auch hier lerne ich etwas über meine Zielgruppe.“

René Neubach: Was natürlich sehr wichtig ist, dass das Unternehmen auch wirklich profitieren kann. Jetzt sind die Patienten ja nicht unbedingt, wie wir vorher schon gehört haben, die Entscheider über die Therapie. Und ich glaube, das ist ein sehr zentraler Faktor. Wenn ich eine Patienteninformationsinitiative starte, egal welcher Größe, dann muss ich das fix auf meinem Plan haben, dass ich über den Außendienst – oder welche auch immer meine Kanäle sind, aber im Normalfall der Außendienst – an meine Ärzte diese Information hertrage. Dass ich die Benefits auch für den Arzt kommunizieren kann. Ob das jetzt eine reduzierte Schulung für den Patienten ist, nachdem er eine Therapie bekommen hat – einfach weiterführende Informationen zu erhalten. Der Arzt muss selber auch einen Vorteil kommuniziert bekommen, weil das Ganze natürlich sonst nicht so viele Früchte trägt. Weil die Reputation kommt eben nur dann auf das Unternehmen zurück. Wenn ich sage: „Lieber Arzt, ich habe dir jetzt einen Gefallen getan, indem ich eine Patienteninformationsplattform gestartet habe“ und das Ganze wird dann natürlich auch noch ein bisschen transportiert durch dieses persönliche Verhältnis zwischen Außendienstmitarbeiter und Arzt, das es in den meisten Fällen hoffentlich gibt, und so wird dieser Rückschluss dann eigentlich erst erzielt.

Dominik Flener: Und damit bleibt uns jetzt zu sagen, die schwierige Aufgabe von Unternehmen ist eigentlich, Ziele zu definieren. Ich glaube, was keine Frage mehr ist, ist die Frage: Soll man bei bestimmten Therapien in ein Patientenbegleitprogramm, in eine Patienteninformation hineingehen oder nicht? Ich glaube, das ist vollkommen klar, dass das Teil des Kommunikationsmarketings, Sales, wie auch immer man es nennen möchte, der Zukunft sein wird. Aber es geht darum, wie kann ich es aufsetzen? Was sind die Dinge, die ich mir auch als Learning aus diesen Projekten herausziehen möchte? Also es ist nicht eine Frage des „ob“, sondern es ist ganz klar eine Frage des „wie“.

René Neubach: Sehr schön. Und damit sind wir, glaube ich, für den heutigen Tag am Ende. Noch ein Schlussfazit vielleicht von dir Dominik, womit wir unsere geschätzten Zuhörer bis zum nächsten Mal entlassen?

Dominik Flener: Also aus meiner Sicht, wie ich gerade gesagt habe, geht es um die Frage „wie“. Und ich glaube, es geht auch darum, einmal erste Ansatzpunkte zu finden, um erste Experimente und Versuche zu starten, wenn es darum geht direct to patient mit der Information etwas zu machen. Aber ganz wichtig ist, man muss diese Verbindungsleine zum Produkt lösen. Also weg von dem „Ich habe ein Produkt, das muss ich jetzt pushen, weil das sind die Produktkernbotschaften, weil so habe ich die letzten 15 Jahre Marketing gemacht“ hin zu überlegen, was sind parallel dazu Themen, die für den Patienten von Relevanz sind? Und in vielen Fällen – vollkommen egal, welches Produkt er nimmt – für ihn ist interessant: „Ich habe die Krankheit, ich will gesund zu werden. Was muss ich machen, damit ich gesund werde?“ Und sich daher – diese Produktnabelschnur, dass man die einmal im ersten Schritt trennt, das ist so die erste Aufgabe.

René Neubach: Ja und ich würde gerne zum Schluss noch einmal diesen Tipp auch mitgeben, zu sagen, welche Initiativen gibt es heute schon? Welche Initiativen haben wir denn im Unternehmen heute schon gestartet? Und die auch wirklich kritisch zu beäugen, um zu sagen: „Sind diese Inhalte denn wirklich von Relevanz für meine Zielgruppe?“ Und das ist gleich der zweite Schritt, den ich Ihnen ans Herz legen möchte ist. Weiß ich überhaupt wer meine Zielgruppe ist, im Detail? Damit ich diese Inhalte dann tatsächlich auch maßschneidern kann. Weil viele von Ihnen werden feststellen, dass dieses Bild halt nicht 100% akkurat ist. Und damit möchte ich sie entlassen, vielleicht einmal dort hinzuschauen. Wir wären natürlich sehr interessiert daran, Ihre Erfahrungen in diesem Bereich zu hören. Entweder hier in den Kommentaren oder auch gerne in direkten Nachrichten.

Dominik Flener: Wir sagen danke.

René Neubach: Wir sagen danke fürs Zuhören. Bis zum nächsten Mal!

Dominik Flener: R&P on Patients, bis zur nächsten Folge!

Outro: Das war die aktuelle Ausgabe von R&D on Patients. Vielen Dank fürs Zuhören! Wie immer freuen wir uns über Fragen, Kommentare und Anregungen. Und natürlich freuen wir uns auch, wenn Sie uns weiterempfehlen. Bis bald!